‚Die unbequeme Wahrheit’ des Todes von Matthew Shepard
Von Andrea
Peyser
Stephen
Jimenez hatte sich nicht vorgenommen, der gefährlichste Journalist der Welt zu
werden.
Oder
genauer gesagt, der gefährlichste schwule Journalist.
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Aus Steinen gelegtes Kreuz unter dem Zaun in Laramie, Wyoming, wo Matthew Shepard mit einer Pistole geschlagen und dann in eine Stellung gehängt wurde, die einer Kreuzigung ähnelte. |
Matthew
Shepard, College-Student. Ermordet mit 21 Jahren, weil er schwul war.
Oder etwa
doch nicht?
Jimenez’
Buch mit dem englischen Originaltitel “The Book of Matt: Hidden Truths About
the Murder of Matthew Shepard,” („Das Buch Matt: Versteckte Wahrheiten über den
Mord an Matthew Shepard”), das vor einem Monat erschien, stellt sämtliche
kulturellen Mythen rund um Shepards kurzes Leben und seinen unsäglichen Tod in
Frage.
Nach etwa
13 Jahren des Nachforschens einschließlich Interviews von über 100 Quellen,
inklusive Shepards Mördern, stellt Jimenez eine ungeheuerliche Andeutung auf:
Der
grausame Mord, der diesen Monat vor 15 Jahren geschah, war kein Hassverbrechen.
Häresie.
Warum das
jetzt hervorkramen? Jimenez’ Antwort überraschte mich.
“Als
schwuler Mann”, sagte er, “fühlte ich, dass es moralisch richtig war, es zu
tun.“
Aaron
McKinney und Russell Henderson, jetzt lebenslang wegen Mordes in Haft, waren
keine Homophoben, schreibt Jimenez. Shepard wurde aus einer Bar gelockt, dann
in die Außenbezirke von Laramie, Wyoming, gefahren, wo er ausgeraubt wurde.
McKinney schlug ihn wild mit dem Lauf einer .357er Magnum. Die Männer hängten
ihn dann barfuß, frierend und kaum noch am Leben, auf einen Zaun, in einer an
eine Kreuzigung erinnernden Pose. Er starb sechs Tage später.
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Stephen Jimenez, Autor von „The Book of MATT“ |
„Zu
verstehen, wer Matthew wirklich war”, sagt Jimenez, „die Auffassung von ihm als
einem Märtyrer und einer Ikone zu ändern, wird für Schwulenrechte nicht
schädlich sein.“
“Das glaube
ich einfach nicht. Ich denke nicht, dass wir irgendetwas dabei zu verlieren
haben, wenn wir die Wahrheit sagen.“
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US-Präsident Obama mit Matthew Shepards Mutter Judy Shepard |
Wenn sein
Buch auch nur ein Leben rettet, dann ist es das wert.
Der
60-jährige, in Brooklyn, New York geborene Jimenez, der zwischen New York und
Santa Fe, New Mexico, hin- und herpendelt, sieht seine Arbeit den Attacken von
Organisationen von der “Gay and Lesbian Alliance Against Defamation” (Schwule
und lesbische Allianz gegen Verleumdung) bis zur Matthew Shepard Stiftung
ausgesetzt, die dabei halfen, 2009 im Namen von Shepard und James Byrd Jr., dem
Schwarzen, der 1998 in Texas mit einem Pickup zu Tode geschliffen wurde, ein
Bundesgesetz gegen „Hass-Verbrechen“ durchzusetzen.
Im Jahr
2004 beauftragte das New York Times Magazin zunächst eine Arbeit von Jimenez
und stornierte dies dann (Der Herausgeber sagte, sie sei nicht brauchbar
gewesen). Aber die Sendung für investigativen Journalismus des US-Fernsehsenders
ABC namens „20/20“ sendete einen Beitrag, den Jimenez produziert hatte, und
dieser gewann zwei bedeutende TV-Preise. Dennoch beschuldigte der
„Hatewatch“-Blog des Southern Poverty Law Center [eine einflussreiche
antikonservative amerikanische Organisation; Anm.] Jimenez kürzlich, als
Schoßhund „rechtsgerichteter Experten, Radiomoderatoren und Blogger“ zu
fungieren.
In der
US-Hauptstadt Washington DC bedrängten schwule Aktivisten Buchgeschäfte, die
Auftritte von Jimenez abzusagen. Soviel zur freien Meinungsäußerung.
“Es ist
beleidigend”, sagt Jimenez.
Ich finde
es beleidigend, dass ein schwuler Journalist nach anderen Maßstäben gemessen
werden soll als ein heterosexueller. Aber bei Jimenez wurde von der
Matthew-Shepard-Industrie jedes Wort durchleuchtet, um seine Intentionen zu
ermitteln. Ist er ein Verräter der schwulen Sache?
Jimenez ist
nicht der Feind. Er ist einfach nur ein Mensch, der eine unbequeme Wahrheit
erzählt, so wie er sie gesehen hat.
Er sollte
stolz sein.
New York Post Originalartikel: ‘Uncomfortable
truth’ in Matthew Shepard’s death
Übersetzt durch: Yair
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